Sonntag, 29. Dezember 2013

Tupperware haste nie genug

Geht schon wieder gut los heute Morgen, bin viel zu spät. Frühstück in die Arbeitstasche gepfeffert, Arbeitstasche und mich ins Auto gepfeffert und los geht’s in Richtung Wirkungsstätte. Dort angekommen werden die allmorgendlichen Routinehandgriffe fast schon automatisch abgespult. Rechner anwerfen und bis der Kollege soweit ist schon mal im Diensthandy die ersten Emails von heute Morgen gecheckt, man will ja schließlich wissen ob weltbewegendes geschehen ist. In der einen Hand das Handy und mit der anderen Hand in der Arbeitstasche nach den Fressalien fingern um sie im Kühlschrank bis zum Verzehr zu lagern.

Ich finde das Futter sofort nur leider ohne Plastikumhausung. Die schöne selbstgemachte Lauch-Hackfleischsuppe vom Schatz (Ihr wisst schon der Mupf) hat sich befreit und umschließt jetzt zähfließend Papiere, das Privathandy diverse USB-Sticks, Schlüssel und andere Kleinigkeiten die ihren festen Platz in meiner Arbeitstasche haben. Ich könnt schon wieder platzen. Tasche über dem Waschbecken auskippen, wiedermal herzlich Fluchen und mit dem Finger im Abfluss rühren, damit auch die größeren Stücke den Weg durch das Abflusssieb in die Kanalisation zu den Ratten finden. Kein Frühstück. In den Aldi kann ich nicht weil da ein Kran draufgefallen ist. Hier kommen aber auch wieder Dinge zusammen, die eigentlich nicht passieren können. Also Hungern bis Feierabend.

Wiedermal selber schuld der Zoddel. Ich weiß ja, dass Tupperware gut ist und wir haben auch Unmengen davon. Mittlerweile habe ich aber so was wie eine Allergie gegen das Zeugs entwickelt und das zeige ich dem Mupf bei jeder sich bietenden Gelegenheit indem ich das Nobelplastik boykottiere. Deswegen habe ich heute Morgen die Billigversion eines Kaffeerösters gewählt, der seine Kernkompetenzen anscheinend nicht kennt. Das hab ich jetzt davon. Wenn das der Schatz erfährt ist das natürlich wieder Wasser auf des Mupfes Mühle und ich kann mir das Hohngelächter schon jetzt lebhaft vorstellen. Es wird eine Ode an den amerikanischen Schüsselproduzenten. Am besten Klappe halten und mit gekreuzten Fingern erzählen wie gut es geschmeckt hat. Stimmt ja auch, den Ratten.
Hab ich schon erwähnt, dass wir wirklich gigantische Mengen von dem Zeugs haben. Ihr glaubt es nicht aber wir haben mehr Schüsseln im Schrank als Damenschuhe im Regal und das will was heißen wo doch der Zalando fast wöchentlich hier anliefert. Könnte mir vorstellen, dass die Jahresrohölproduktion der vereinigten Arabischen Emirate für unsere Tuppersammlung draufgegangen ist. Egal welchen Schrank du in der Küche aufmachst, es fallen dir erst mal ein paar bunte Plastikschüsseln entgegen. Da tauchen Dinge auf zum Schneiden, Aufbewahren, Teilen, Portionieren, Streuen, Einfrieren, Transportieren und zum sicheren Trennen des Inhaltes von zum z.B. Arbeitstaschen. Für all das erfüllen die roten, rosa, grünen, blauen, grauen, durchsichtigen, gelben Töpfe, Schüsseln, Becher, Pötte, Siebe, Schälchen und Schalen, Salatschleudern und –Bestecke ihren Zweck. Und das machen sie gut und bis dahin ist auch nichts dagegen einzuwenden. Aber müssen es denn so viele sein, die ihren Weg in die hauseigene Ausrüstung finden. Und stapeln geht nicht, weil die verschiedene Durchmesser haben und rund sowie auch eckig sind. Die Deckel sind meist im Irgendwo der Schränke zu finden, nein zu suchen, denn das Finden ist nicht immer sichergestellt.

Dank der sogenannten Tupperparty´s kommt auch ständig irgendwas Neues dazu. Jedenfalls bringt meine Herzallerliebste immer was mit. „War ein Gastgeschenk!“. Ja klar, ein Gastgeschenk, so machen die also ihren Reibach – mit Gastgeschenken.
Ist schon ein cleveres System. Jede Tuppertante ist eine wie Du und ich und verkauft ihren Schwestern, Freundinnen und Schwägerinnen und mit Glück auch den Bekannten von Schwestern, Freundinnen und Schwägerinnen das Plastiksortiment. Wenn dann die Sättigung des Dunstkreises der Tuppertante eingetreten ist und das schlechte Gewissen des „nicht kaufens“ der Erkenntnis weicht, dass jetzt aber mal genug ist, dann ist im allgemeinen das Umsatzende in diesem Bekanntenkreis erreicht. Jetzt muss eine neue Tuppertante das Erbe der der bisherigen antreten um wiederrum deren Schwestern, Freundinnen und Schwägerinnen die Plastikwannen anzudrehen. Das ist auch der Grund warum die Vermehrungsrate von Tuppertanten denen eines potenten Mäusepaares gleicht. Ich jedenfalls kenne eine Menge Damen, die mal irgendwann eine Tuppertussie waren.

Alle Tuppertussies werden bevor sie auf die Damenwelt losgelassen werden, auf den Job eingeschworen und bekommen eine rhetorische Ausbildung in denen sie überzeugende Wortkombinationen lernen, die die anwesende Damenwelt zum Ausfüllen des Bestellzettels bewegt. Es sind Worte wie ganz praktisch, super praktisch, extrem praktisch und ganz toll, die die Kasse klingeln und die Produktion in Fernost aus Kunststoffgranulat  Dippchen formen lässt. Ja, einfacher kann verkaufen kaum sein. Und so werden es immer mehr High-Tech Produkte, die den Weg in unsere Schränke finden und die dort ihrer eigenen Kompostierungshalbwertzeit von geschätzten 10.000 Jahren entgegen blicken.


Bis dahin kann aber einiges geschehen – so wie neulich. Ich wollte den Rest vom Gulasch „eintuppern“ (so nennt es die Fachfrau) aber das war nicht so einfach. Es waren auch nur zwei oder drei Millimeter die der Deckel im Durchmesser kleiner war als das Unterteil. Gut denke ich, muss wohl so sein bei einem zuverlässigen Produkt, das in der Arbeitstasche nicht ungewollt seinen Deckel abwerfen darf. Ich ächze und würge, arbeite mit haushaltsüblichen Hilfsmitteln wie Hammer und Schraubenzieher aber alles ohne nennenswerte Erfolge. Immer wenn ich fast rum bin und nur noch wenige Millimeter fehlen um den Deckel dauerhaft und umlaufend einzurasten, springt er auf der gegenüberliegenden Seite wieder aus der Rastung. Durch die leichte Krümmung sieht der Deckel dann so aus als würde er grinsen, der Drecksack. Na warte denke ich und grinse zurück, bin ja kein kleiner Dummkopf und so fällt mir ein, technikbewandert wie ich nun mal bin, dass Wärme Material zum Ausdehnen bewegt. Also heißes Wasser über den Deckel laufen lassen und tatsächlich lässt er sich zum Ausdehnen erweichen. Das dauerhafte Einrasten gelingt  aber immer noch nicht. Heiß reicht nicht und deswegen versuche ich es mit kochendem Wasser und siehe da, Finger verbrannt aber Deckel sitzt. Ist halt Qualität. Ich höre wie ein Auto vorfährt, der Mupf kommt vom Einkaufen zurück. Die Zeit, die mein Schatz braucht vom Auto in die Küche zu kommen nutzt der Deckel hinterlistig um abzukühlen und Spannung aufzubauen. Und gerade wie der Mupf die Küche betritt in der ich ihm mit stolzgeschwellter Brust demonstrieren will, dass ich Herr über eine Schüssel mit Deckel geworden bin ist der schon wieder soweit erkaltet, dass er sich auf dem schmalen Rand nicht mehr halten kann und verabschiedet sich mit einem lauten Plopp von seiner kurzfristigen heißen Beziehung und macht sich auf den Weg zur Küchendecke. Ich beobachte ihn dabei, nach halbem Weg hat er eine viertel Drehung, wenn er also oben ankommt hat er eine halbe Drehung hinter sich, was bedeutet, dass er mit der Gulaschseite… Ich habe den Gedanken noch nicht fertig gedacht als ich das schmatzende, kussähnliche Geräusch vernehme mit der die Küchendecke den Drecksack begrüßt. Weil das Gulasch recht dick ist verweilt er dort auch kurz und begibt sich alsdann auf den Rückweg. An der Decke hinterlässt er die Signatur dieses Missgeschicks in Form einer gulaschbraunen Schmetterlingssilhouette. Jetzt liegt er auf dem Boden und … grinst. Mich packt mich die Wut und ich trete das Gulasch mitsamt seiner Schutzhülle mit Anlauf aus der Haustür. Mupf schaut mich entgeistert an und flüstert mir zu „Die Deckel von Allegra passen doch nicht auf die Schüsseln von Junge Linie, tse“ und ich stoße die Stirn an den Küchenschrank und schüttele den Kopf.
Immer wenn ich mal eines dieser Wunderwerke einem sinnvollen Zweck zuführen will, zum Beispiel zur Aufbewahrung von Schrauben und Nägeln um sie vor dem korrodieren zu bewahren oder lebenden Angelködern um deren Flucht zu verhindern, dann ist es mit Sicherheit jenes, welches im Schrank ganz hinten steht. Und im Schrank rumstehen ist die Hauptaufgabe der Wunderprodukte. Im Schrank rumstehen Luft bunkern und Platz wegnehmen anstatt im Kühlschrank Lebensmittel zu lagern oder eben in der Werkstatt sinnvolles zu tun. Also erst mal den ganzen Klumbatsch rausräumen, Dose greifen und dann wieder einräumen. Das nervt und kostet Zeit. Ich knie vor dem Unterschrank und wühle was das Zeug hält, einen passenden Deckel finde ich aber nicht. Nur der Mupf weiß wo er ist. Der Mupf ist aber nicht da, er ist auf dem Kerzenabend bei der Nachbarin.
 

2 Kommentare:

  1. Ach Paps, da bekommt man ja fast Mitleid. Aber auch wirklich nur fast!

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  2. Immer wieder schön. Bitte mehr davon Zoddel. Gruß Oli N aus N

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