Freitag, 13. Dezember 2013

Weihnachten im wilden Westen


Heute war ich mit Tochter #2 Weihnachtsgeschenke einkaufen. Nein ich muss anders anfangen. Heute wollte ich mit Tochter #2 Weihnachtsgeschenke einkaufen, denn das war nur der Plan. Und dafür hatte ich mir extra frei genommen, damit ich abseits der Hektik am Feierabend und ohne Ellenbogeneinsatz zwischen Regalen und Kasse hin und her sprinten konnte. Aber wie das bei mir oft so ist, kommt es anders – der Grund dafür ist bereits genannt – ich habe Kinder.

Das Ganze fing bereits am Montag an. Tochter #2 schickte mir die Nachricht, dass sie etwas mit mir unternehmen wollte. Ach wie schön dachte ich und die Nachricht versüßte mir den Arbeitstag. Ich schlug vor, dass sie mich am Freitag begleiten könne und wir uns einen schönen Tag machen mit Kaffeetrinken, kleinen Snacks auf dem Weihnachtsmarkt und so nebenbei könnten wir das ein oder andere Weihnachtsgeschenk ergattern. Sie meinte das sei eine gute Idee und wir verabredeten, dass wir uns noch verabreden.
Tja, früher war das anders, so ganz ohne Handy, es war eine verrückte Zeit. Tage vorher wurde Ort und Zeitpunkt ausgemacht und im Großen und Ganzen konnte man sich darauf verlassen, dass das Treffen auch stattfand. Heute hat dieses ehrenhafte Gesetz seine Gültigkeit fast verloren. Solche Abstimmungen erfolgen ja heute nicht mittels Telefonat und schon gar nicht Tage im Voraus. Naheeeiiin, das geschieht über das World Wide Web oft noch Minuten vor dem angestrebten Treffen, denn das ist modern und das Smartphone ist die adäquate Waffe dafür und das ist auch modern. Wenn Papa also mit seiner Nachzucht in Kontakt bleiben will braucht er einfach eine dieser modernen Pistolen, mit der man mittels Email, sms oder Whats-App Bilder und Worte über den Äther an jemanden schicken kann, der ebenfalls ein Smartphone hat. Postkutsche und Pony- Express war gestern und Billy the Kid hätte seine helle Freude an diesem Wundergerät gehabt. Ungeachtet jedes Hindernisses und jeder ballistischen Flugbahn findet die digitale Nachricht seinen Empfänger und zwar zu jeder Tages und Nachtzeit. Und zwischen Montag und Freitag ist jede Menge Zeit um getroffene Verabredungen mit vielen Tausenden frischer Bits zu überschreiben und die Nachricht trifft ins Herz.

Es war Donnerstag und wie verabredet wollte ich mich ja heute mit Tochter #2 verabreden. Ich nutzte die Mittagspause nicht nur um meine Stulle zu essen, ich lud mein Smartphone und legte an.
Hier jetzt der Original Schusswechsel in Whats-App

12. Dez., 12:15 - Papa: Hey Süße, wann soll Ich Dich morgen abholen? Um 7 Oder um 8? und wo?
12. Dez., 12:15 – Tochter #2: Warum so früh?
12. Dez., 12:16 - Papa: War Spaß. Um 10?
12. Dez., 12:24 – Tochter #2: Also ich muss ja erst um 5 arbeiten (Anmerkung: Schülerjob).
12. Dez., 11:25 - Papa: Das ist Keine Antwort
12. Dez., 12:32 – Tochter #2: Ja kommt drauf an was du vor hast. Ich wollte ja dann direkt da bleiben weißt duuuu
12. Dez., 12:33 - Papa: Bummeln, Weihnachtsgeschenke kaufen, Kaffee trinken. Hauptsächlich Geschenke kaufen
12. Dez., 12:34 – Tochter #2: Halb 2?
12. Dez., 12:36 - Papa: Hahaha Nee, dann schaffe Ich das nicht.
12. Dez., 12:38 – Tocher #2: Oder früher und dann kannst du mich nochmal zu Oma fahren, weil ich will ja dann nicht noch 3 Stunden warten im Forum bis 5
12. Dez., 12:40 - Papa: Also  um 10??
12. Dez., 12:42 – Tochter #2: 11??
12. Dez., 12:43 - Papa: Sina, Ich hab extra Urlaub. Um 11 ist der halbe Tag schon rum.
Nach einer Unmenge weiterer Bits und Bytes kristallisierte sich heraus – ich gehe alleine nach Dodge City aber das weiß der aufmerksame Leser bereits seit der Einleitung.
Nochmal zur Eingangsfrage: Ist das digitale Zeitalter mit dem Fest der Liebe noch zu vereinbaren? Na klar, denn auch ohne dass man sich trifft ist der rege Kontakt sichergestellt auch wenn die ein oder andere Nachricht ins Herz trifft. Diesmal war es meine Blutpumpe aber oft bin ich es ja auch der Treffen absagen muss oder die Kids in anderer Art und Weise enttäuschen muss.
Aber die Nachricht vom Montag, bleibt im Kopf und hat mir quasi eine schusssichere Weste um den Wanst geschnallt, sodass ich ohne eine Blutspur zu hinterlassen alleine im Einkaufcenter shoppen konnte, ist ja auch mal ganz nett.
Festzustellen ist, dass der Großteil der Mitmenschen modern ist, auch ich und das trotz meines fortgeschrittenen Alters, denn sonst würde ich ja jetzt nicht am Computer sitzen sondern wie das im wilden Westen üblich war mit einer Pferdedecke über offenem Feuer Rauchzeichen in den Himmel stinken. Stellt euch mal vor, wenn die Massen an Nachrichten, die heute verschickt werden, wir wären längst erstickt.
Übrigens, wir haben bereits angefangen uns über den Zeitpunkt für das Fondue an Heiligabend zu verabreden – natürlich via Whats-App. Die Rauchschwaden der chinesischen Industriegebiete zusammengenommen produzieren nicht annähernd so viel Qualm ... aber lassen wir das.
Weitere Geschichten folgen und was die mit einem Monster, einem Teufelsweib, einem Hausgeist, einer Knattergurke und einem Mupf zu tun haben könnten, hier erfahrt ihr es.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen