Donnerstag, 26. Dezember 2013

Oh Du fröhliche (Teil 3)

OK OK, Hektik herausnehmen soll ja schließlich keiner was merken. In Ruhe das Fleisch vorbereiten und die Brühe aufsetzen. Die Kinder richten den Tisch her. Und ich bin wieder ganz ruhig, die Feiertage können kommen. Jetzt ruft einer aus dem Wohnzimmer „Soll ich den Brenner schon mal anmachen?“. Das war´s mit der Ruhe. „HimmelherrgottsackramentzefixhallelujamileckstamArschscheißgelumpverreckts“  blöke ich durch die Küche, weil die blöde Brennpaste fehlt. Muss ich mich eigentlich um alles kümmern?!?!
Um 12:00 fliege ich an der Friseurin meines Vertrauens vorbei und weiß wirklich nicht mehr zum wievielten Male, grüße freundlich lächelnd und routiniert. Ich spüre, wie sie mir nachstarrt und ich vermute ihr Mund ist weit aufgerissen.

Wieder zu Hause, der Tisch ist bereits gedeckt, das Fleisch geschnitten und die Soßen in Schälchen gefüllt. Alles steht auf dem Tisch. Der Baum, mein schlauer Freund, der sich gestern bei der Schmückaktion in die Richtung geneigt hat, in der die geringste Gefahr zu erwarten war, muss ja noch gerichtet werden. Aber das geht ganz einfach, denn wir haben so einen modernen Christbaumständer, der mittels Pedal ein Stahlkabel spannt welches dann drei Zacken dazu veranlasst sich in Richtung Mitte zu zentrieren und dabei den Stamm zu verkrallen. Mit einer darunter liegenden Pedale kann das Ganze ganz einfach wieder gelöst werden. Das war die Theorie, die Praxis sieht so aus:

„Gar nicht so einfach, die Pedale zu finden unter den ganzen Ästen“ sage ich zum Freund von Tochter #2 und nestele unbeholfen in kniender Haltung in den Ästen herum „Soll ich helfen?“ fragte er mich. „Nein nein“ lehnte ich ab „das ist kein Problem, ich muss nur das blöde Pedal finden.“ So halte ich mit der einen Hand einen Ast weg, der die Sicht zum Ständer versperrt. Hilft aber nichts, ich sehe trotzdem nichts. Mit der anderen Hand fühle ich deshalb nach den Hebeln, finde sie endlich und löse viel zu ungeduldig aus. Die Ereignisse überschlagen sich. Was jetzt passiert muss man sich eigentlich in Zeitlupe vorstellen. Die Krallen verlieren ihren Biss, lösen sich aus dem Stamm und machen sich umgehend, wie von einer Feder beschleunigt, auf den Weg von der Mitte nach außen. Der Baum verhält sich ganz ähnlich, nur macht der sich zielstrebig auf den Weg in Richtung Esstisch. Ich hocke unter meinem Freund und spüre, dass sich über mir was anbahnt. Mein Büro fehlt mir sehr. Und Freund Baum hat bereits einen Winkel erreicht in dem eine stabile, statische Haltung nur noch möglich ist weil er auf meinem Rücken liegt. Jetzt nur nicht bewegen sonst setzt mein Kumpel seinen Weg fort. Ein Ast wischt mir im Gesicht herum und es pieckt, deshalb muss ich mich bewegen, was mein Baumkumpel jetzt auch wieder tut und er behält den eingeschlagenen Weg bei.

Jetzt fängt der Ärger an. Am Ziel angekommen schiebt der Holzkumpan zuerst die Weinflasche ruppig zur Seite, die hat jetzt nichts besseres zu tun als in Richtung Tischkante zu kullern und darüber hinaus, weshalb sie den Halt verliert und ebenfalls dem Ruf der Schwerkraft folgt um am Boden zu zerschellen. Darauf hat der Glasbruchsensor in der Küche nur gewartet. Er kommt jetzt seiner zugedachten Aufgabe nach und flüstert der Alarmanlage per Funk - und damit für das menschliche Ohr unhörbar - zu, dass sie sich melden soll. Auch die macht ihren Job ohne zu zögern und zwar für das menschliche Ohr unüberhörbar. Ein Höllenspektakel bricht los.
Im Wohnzimmer überschlägt sich derweil wieder ein Ereignis. Der Baum hat seine endgültige statische Position noch nicht erreicht. Bevor er das tut katapultiert er noch schnell eine Soßenschale, ein paar Gläser und den Serviettenhalter vom Tisch, was aber nicht weiter schlimm ist und in Anbetracht der bisherigen Geschehnisse durchaus vernachlässigt werden kann.

Der Mupf kommt von der Arbeit nach Hause, die Kinder brüllen vor Lachen und ich liege unter dem Baum, den Kopf in beide Hände gestemmt und träume vom Büro.
Von wegen ohne Hektik und Streß ein entspanntes Miteinander im Kreise der Lieben. So ist es das Fest der Feste und Schnee liegt auch nicht

Im nächsten Jahr gehe ich ins Büro, dann kann der Mupf aber mal sehen wie er guckt.
Fröhliche Weihnachten.

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