Sonntag, 12. Januar 2014

Zoddel wird therapiert (Teil 2)


Geschafft, der erste Saunagang liegt hinter uns. Jetzt erst mal was trinken und ausruhen, für was gibt es hier sonst eine Bar. Die Klangschalentherapie soll eigentlich beruhigen, bei mir hat sie das Gegenteil bewirkt. Was mich jetzt beruhigen könnte ist eine lauwarme Käsebrezel und die besorg ich uns jetzt. Wir machen uns also auf zur Bar und dazu müssen wir quer durch die Saunahalle. Die Saunahalle ist der Treffpunkt aller nach dem Saunieren in den verschiedenen Schwitzkabinen. Dieser Marktplatz der Nackedeien, dieses Paradies für Spanner und Exhibitionisten ist die geographische Zentrale des Areals. Hier trifft sich alles zum Plaudern, Glotzen Trinken und Stinken.
Die Fleischbeschau der Superlative, durch die müssen wir jetzt durch. Hier ist aber auch was los so kurz nach Silvester. Viele haben noch Urlaub und nutzen die Zeit um sich den Dreck des vergangenen Jahres aus den Ritzen zu schwitzen.
Die unbedeckten Körper wecken irgendwie niederste Urinstinkte, die in jedem mehr oder weniger tief schlummern. In der Sauna werden sie frei gelassen. Zum Beispiel bei der mit der kräftigen Statur, die auffällig attraktiv wirken will. Stolziert herum, dabei immer darauf bedacht Blicke auf sich zu ziehen. Sie bedient dazu verschiedener Hilfsmittel. Zum Beispiel hat sie ein auffällig rotes Handtuch um sich geschlungen, auffällig rot und auffällig klein verschwindet es auf ihrem Körper wie ein Waschlappen auf einem Fußballfeld. Dann trägt sie auch diese weißen Tackelschühchen mit Plastikdiamanten und Bommel auf dem Riemen sowie hohen Pfennigabsätzen. Die Bewegungen, die sie macht sind nicht gerade elegant aber wie soll sich ein Bergepanzer auf Fahrradreifen auch graziös bewegen? Und dann ist da noch der Große mit dem solariumgebräunten Alabasterkörper der eindeutig im Fitnessstudio hergestellt wurde. Läuft rum wie ein Alphatier mit eingezogenem Bauch und stolzgeschwellter Brust auf der eine dicke Goldkette signalisiert „Ich bin der Chef im Ring“. Aber der Hilfsmafiosi übersieht eine Kleinigkeit. Wer mehr sein will als ein Alphatier und die Damen hier zur Begattungsbereitschaft bringen will, der muss es machen wie ich. Brust raus, Bauch rein reicht da nicht. Zusätzlich zur Brust muss auch klein Zoddel raus. Also Becken vorschieben und mit leicht geknickten Knien und hängenden Armen selbstbewusst durch die Menge schlendern. Nur so wirst Du zum Silberrücken. Das mach ich jetzt und schlendere in Richtung Bar. Vorher vergesse ich noch versehentlich mein Handtuch am Kaltwasserbecken in dem noch der Birkenstock vom Müsliman schwimmt. Der Mupf schüttelt nur den Kopf aber er folgt mir, daran merke ich, die Körperhaltung wirkt.
An der Bar angekommen lassen wir uns die Käsebrezeln schmecken. Das was die Klangschale nicht geschafft hat schafft jetzt die Hopfenkaltschale. Ich spüre jetzt zum ersten Mal so was wie Entspannung. Wir beobachten die Textilfreien. Mein Schatz macht das im Allgemeinen sehr gerne und eigentlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit und ich schimpfe dann immer. Aber in dieser Lokation beobachte ich auch ganz gerne die Mitmenschen, besonders die Eine. Bis der Mupf fragt „In welche Sauna wollen wir denn jetzt  gehen?“. Ganz in Gedanken überhöre ich die Frage und mein Schatz wiederholt und zwar laut. Wachgerüttelt antworte ich wie aus der Pistole geschossen und dummerweise ziemlich unüberlegt „In die wo die große Blonde mit den di….“. Der Rippenstoß vom Mupf holt mich grob in die Wirklichkeit zurück und natürlich gehen wir in eine andere Sauna.
Nach weiteren drei Saunagängen ist die Zeit um und wir machen uns fertig zum Fahren, schließlich müssen wir noch zum schwedischen Möbelhändler. Ich suche mein Handtuch. Stimmt ja, das liegt noch hinten auf der anderen Seite des Marktplatzes. Wie ich so dominant hinüber schlendere vernehme ich aus Richtung des Kaltwasserbeckens aufgeregtes Stimmengewirr. Ich schaue in die Richtung und sehe wie der studiogestärkte Grillbraten wie wild mit den Händen herum fuchtelt und schimpft wie ein Rohrspatz. Als ich näher komme schnappe ich erste Gesprächsfetzen auf und weiß jetzt auch, dass er aus Mafiosiland kommt „…wenne isse dene erwisse…“ und so was wie „…Kleineolze“. „Was ist dem denn über die Leber gelaufen?“ denke ich so bei mir und wie ich wieder nach vorne sehe kommt mir just in dem Moment mein Freund der Müsliman entgegen. Komisch er trägt ja gar keine Birkenstocks. Stattdessen hat er Flip-Flops an, die sind sicher aus Hanf, jedenfalls aus irgend so einem strohfarbenem Gewächs. Während er wieder die Augen verdreht als er mich sieht nicke ich im freundlich zu. In mir macht sich so eine Ahnung breit. Wenn der Bioladenverkäufer jetzt keine Birkenstocks trägt, können die auch nicht von ihm gewesen sein. Wessen Latschen habe ich denn dann in das Becken getreten? Jetzt geht mir ein Flutlicht auf, es waren die vom Hilfsmafiosi und deswegen hat der sich auch eben so aufgeregt. Nur gut, dass niemand gesehen hat, das ich die Latschen in´s Becken gekickt habe. Ich nehme mein Handtuch und gehe zum Duschen.
Nicht jeder spült sich nach dem Saunagang ab bevor er ins Becken geht. Deswegen muss eine gründliche warme Dusche sein, die schwimmenden Schweiß- und Fettaugen, schmiegen sich nämlich unwillkürlich beim Ausstieg aus dem Becken an deinen Körper. In der Dusche angekommen wasche ich also die rückfettenden Substanzen der anderen Saunabadenden gründlich ab. Während ich das mache kommt der echte Birkenstockträger in die Dusche und der ist immer noch sichtlich verärgert und schimpft leise vor sich hin. „Isse so eine sseissenedregge. Abbe isse keine andere ssuhe middegebraggte“. Ich frage unschuldig was los ist. „atte irgende so eine Asseloche meine ssuh inne de Wassa geworfe!“ antwortet er mir freundlich und ergänzt „wenn isse den erwisste ätte, dann ätte isse ihn im Wassa ertränkte!“. Ui ui, wenn der wüsste. „Ach, ich glaube nicht, dass das Absicht war!“ antworte ich ihm selbstsicher aber mit leicht mulmigem Gefühl im Bauch und fügte noch hinzu „Ertränken ist schon richtig, alles andere wäre Wahnsinn!“. Mittlerweile stehe ich in der Umkleide vor meinem Spint und ziehe mich an. Der Pate steht 4 Schränke weiter rechts von mir und ich sehe wie er eine goldene Uhr um sein Handgelenk zieht und das Bild fügt sich zusammen. Sein Handtuch hatte nämlich auch goldene Initialen. Er steigt in seine Anzughose und in die Biolatschen, streift das zur Hose passende Jacket über und verlässt ein paar Minuten vor mir die Umkleide.
Am Ausgang treffe ich meinen Schatz und wir gehen zusammen in Richtung Parkhaus. Dort angekommen beobachten wir wie der römische Sonnengott mit einem Mercedes – vermutlich Z-Klasse (Z wie Zuhälter) - aus dem Parkhaus fährt und einen Radfahrer in beigem Wollpullover überholt. Das ist der Müsliman und alles passt wieder zusammen. Einzig die Birkenstocks an den Parmesan-Füßen haben so gar nicht gepasst.
Ich weiß aber jetzt, dass Klangschalen im Vergleich zu Käsebrezeln mit Bier immer den Kürzeren ziehen wenn es um eine wirksame Therapie geht. Und ich weiß auch, dass selbst in der Sauna, in der eigentlich alle so herumlaufen wie sie geschaffen wurden, immer der ein oder andere Hinweis zu finden sind, der die wahre Identität verrät. Und wenn die Birkenstocks dem Müsliman gehört hätten, wäre diese Theorie auch voll aufgegangen.
So jetzt nur noch schnell zu IKEA. Wir wissen ja was wir wollen, es wird also nicht lange dauern bis wir zu Hause sind.

3 Kommentare:

  1. Das war ja richtig spannend ... und merke für mich: immer erst den Teil 2 lesen, bevor man zum 3:2 gratuliert.
    Vegane Biogrüße!

    AntwortenLöschen
  2. Danke. Ja, immer erst denn Schluss lesen, dann weißt Du wie es ausgeht. Wird Zeit, dass das auch beim Fernsehen geht. :-)

    AntwortenLöschen
  3. Danke. Ja, immer erst denn Schluss lesen, dann weißt Du wie es ausgeht. Wird Zeit, dass das auch beim Fernsehen geht. :-)

    AntwortenLöschen